Berlin. Viele der 70 Berliner Shopping-Malls haben Probleme. Neue Nutzungen sollen die Center zu öffentlichen Treffpunkten machen.

Nils Busch-Petersen sieht für viele der 70 Einkaufszentren in Berlin keine Perspektive. „Ich glaube nicht, dass alle in zehn Jahren noch als Shopping-Center dastehen“, sagte der Chef des Berliner Einzelhandelsverbandes. Aber zumindest in den Innenstadtbereichen gebe es „mit Mischnutzung eine sichere Zukunft.“

Was der Handelsvertreter meint, lässt sich schon an vielen Orten in der Stadt erleben. So im Wilma an der Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg. Im Obergeschoss hat eine Außenstelle des Bürgeramtes eröffnet, auch ein Blutspendedienst zieht Menschen an. Die Grünen wählten am Mittwoch dieses Center, um ihre Vorschläge für die Einkaufszentren als „neue Orte“ zu präsentieren.

„Wir brauchen Ideen, damit die Menschen Einkäufe nicht nur im Internet bestellen“

Dabei gehe es um mehr als Wirtschaftsförderung oder um mehr Kunden, sagte Fraktionschefin Bettina Jarasch: „Wir wollen eine Win-Win-Situation schaffen und eine Stadt der kurzen Wege.“ Angesichts des rasanten Anstiegs des Onlinehandel brauche es „verstärkt Ideen, damit sich Leute überhaupt auf den Weg machen und nicht nur im Wohnzimmer im Internet bestellen“, sagte die frühere Verkehrs- und Umweltsenatorin.

Charlottenburg-Wilmersdorfs Bezirksbürgerin Kirstin Bauch (Grüne) sagte, im Wilma habe man geschafft, worüber anderswo noch geredet werde. „Die einen generieren neues Publikum, die anderen kommen mit Miete entgegen“, beschrieb die Kommunalpolitikerin die Beziehung zum Center-Management. Ein Bezirksamt habe „viele dezentrale Fachbereiche“, die Bürger- oder auch die Jugendämter. „Es ist toll, wenn die Leute im Kiez ihren Ausweis abholen und das noch mit einem Einkauf verbinden.“

Viele Berliner Shopping-Malls haben schon andere Nutzer aufgenommen

Aber auch Jugendtreffs, Galerien, Ateliers oder Beratungsstellen könnten in leere Ladenräume einziehen, so die Grünen, das könne auch über Zwischennutzungen passieren, ehe ein solventer Mieter gefunden werden. Catja Schneider, Center-Managerin der Wilma, zeigte sich offen. Die Wilma sei schon „weit über die klassische Shopping-Center Funktion herausgewachsen“. Wenn es Sinn mache für den Mix in einem Objekt, lasse sich so etwas auch den Eigentümern der Immobilie vermitteln.

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Für solche Mischnutzungen gibt es inzwischen neben der Wilma diverse Beispiele. Das Forum Kienberg in Marzahn war fast tot. Dann wurden dort Arztpraxen angesiedelt, eine Stadtteilbibliothek, Beratungsstellen, künftig kommt eine Außenstelle des Gesundheitsamtes hinzu. Auch im „Schloss“ in Steglitz lockt eine Bücherei Besucher ohne Shopping-Interesse an, das Forum Steglitz bietet Flächen für den Hochschulsport der Freien Universität. Die Neukölln Arcaden beherbergen ebenfalls eine Bibliothek, der Kulturdachgarten „Klunkerkranich“ sorgt auch für Frequenz in den Läden. Die Spandau Arcaden stellen einem Jugendtreff Räume im ersten Stock mietfrei zur Verfügung.

Solche Beispiele wollen die Grünen systematisch ausbauen und sehen sich damit durchaus im Einklang mit den Debatten, die der Senat mit Immobilienbranche und Einzelhandel in den so genannten Zentren-Gipfeln bespricht. Verbandschef Busch-Petersen findet es gut, dass die Oppositionspartei die „Ideen nochmal fokussiert“ vorträgt. Mit der öffentlichen Hand als Partnerin sieht er das größte Potenzial. „Das kann bis zum Theater gehen oder zur Betriebs-Kita“, sagte Busch-Petersen.